Erneuerbare Energien für den Waldschutz

07.04.2022 | Der erste Bürgerdialog des Jahres 2022 zum Windenergie-Projekt im Höhenkirchner Forst verdeutlichte das hohe Interesse der Bürgerinnen und Bürger an einer möglichen finanziellen Beteiligung.
„Waldschutz bedeutet in erster Linie Klimaschutz. Wir müssen aus den fossilen Energien rauskommen", sagt Karl Einwanger. Der für den Höhenkirchner Forst zuständige Revierförster hält an diesem Dienstagabend, 5. April, den wohl leidenschaftlichsten Vortrag des „Bürgerdialogs zur Windenergie im Höhenkirchner Forst" in der Mehrzweckhalle Höhenkirchen-Siegertsbrunn. Auch wenn er in seiner Position neutral bleibt, sich weder für noch gegen die Windräder am Forststandort positioniert, so wird aus seinem Beitrag deutlich, dass wir dringend unsere Strom- und Energieproduktion auf erneuerbare Quellen umstellen müssen.
 
Aus 25-jähriger Erfahrung in den Wäldern um die Gemeinde Höhenkirchen-Siegertsbrunn stellt er gleich zu Beginn unmissverständlich klar, was der Wald hier eigentlich sei: Luftfilter für den Großraum München, Erholungsraum für die Menschen, Rückzugsort für Tiere und Pflanzen. Das alles sei aber gefährdet durch den Klimawandel, dessen Auswirkungen mit den Jahren immer drastischer würden. Zu Beginn seiner Arbeit im Forst habe es vereinzelt über 200 Jahre alte Fichten gegeben. Doch seit 1990, seit dem Orkan Wiebke, jage eine Katastrophe die nächste: Orkane, Borkenkäfer, Pilzbefall.
 
„Den Wald, den wir jetzt vor Augen haben, den wird’s bald nicht mehr geben", sagt Karl Einwanger und macht deutlich, wie sehr die Förster beim Waldumbau dem Klimawandel hinterherrennen. Baumarten, die noch vor einigen Jahren sinnvoll erschienen, seien plötzlich auch im Klimastress. Von „kollabieren" spricht Einwanger und das klingt so dramatisch wie es ist.
 
Der Ausweg liegt in der drastischen Einsparung von Treibhausgasemissionen und in einer Stromerzeugung, die so umwelt- und klimaverträglich wie möglich ist. Aufgrund der in Bayern gültigen 10-H-Abstandsregel bleiben derzeit fast nur Waldstandorte für Windräder übrig, wie Erwin Karg erklärt. Der Bürgermeister der Gemeinde Fuchstal hat ein solches Projekt bereits erfolgreich umgesetzt: Vier Windräder drehen sich im Wald nahe der kleinen Gemeinde zwischen Schongau und Landsberg am Lech.
 
„Ich habe jeden Morgen in den Spiegel geschaut und mich gefragt, ob ich das verantworten kann", sagt er. Die bisherige Bilanz des Projekts gibt ihm Recht, nicht nur hinsichtlich der erzeugten Strommenge und der Rendite, von der die Gemeinde und ihre Bürgerinnen und Bürger profitieren, sondern möglicherweise auch hinsichtlich des Naturschutzes: Seit der Inbetriebnahme des Windparks im September 2016 ist die Rotmilan-Population um die Windräder gestiegen – nicht zuletzt ein Grund, warum die Gemeinde jetzt Ort des ersten deutschen Forschungsprojekts zum Vogelschlag ist.
 
Diese Bedenken stehen in Höhenkirchen-Siegertsbrunn an diesem Abend kaum zur Debatte. Die etwas mehr als 100 Teilnehmenden aus den drei Gemeinden Egmating, Oberpframmern und eben Höhenkirchen-Siegertsbrunn fragen intensiv nach den derzeit noch nicht im Detail geklärten, aber fest geplanten finanziellen Beteiligungsmöglichkeiten am Projekt und ob sich der Projektfahrplan beschleunigen ließe. Letzteres gehe nicht, sagt Robert Sing vom gleichnamigen Ingenieurbüro und im Auftrag der Gemeinden zuständig für die Planung der drei Windräder. Der zeitliche Ablauf halte sich an gesetzliche Vorgaben und ob die geändert werden, bis das Projekt in den Genehmigungsprozess einsteige, sei noch nicht abzusehen. In die Phase des Genehmigungsprozesses wollen die drei Gemeinden im Sommer einsteigen, wenn auch die derzeit noch ausstehenden Schall- und Schattenwurfgutachten vorliegen. Laufe alles gut, könne man mit Bau und Inbetriebnahme im Jahr 2024 rechnen, so Sing.
 
Ob ein Bürgerentscheid zu den Windrädern geplant sei, ist eine an Höhenkirchen-Siegertsbrunns Bürgermeisterin Mindy Konwitschny gerichtete Frage. „Nein, das ist nicht geplant", sagt sie und lädt – auch stellvertretend für die Gemeinden Egmating und Oberpframmern – nach etwas mehr als zweieinhalb Stunden aktueller Projektinformationen und einem gelungenen Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern weiter zum offenen Dialog über die Windräder ein: „Schauen Sie in die Tagesordnung unserer Gemeinderatssitzungen; kommen Sie, wenn das Thema auf der Agenda steht und geben Sie uns eine Rückmeldung."

Weitere Informationen zum Projekt gibt es auf der Projekthomepage.